Selbstständig im Alter: Wie Ergotherapie Lebensqualität steigert

Ergotherapie unterstützt Menschen jeden Alters, deren Mobilität durch Krankheit, Behinderung oder Alterserscheinungen eingeschränkt ist. So benötigt vor allem die ältere Generation Hilfe durch gezielte Übungen, damit die Selbstständigkeit und damit einhergehende Lebensqualität erhalten bleibt. Johannes Wittgen, Ergotherapeut im Seniorenwohnen Fürstenfeldbruck Buchenau, stellt verschiedene Arten der Ergotherapie vor und wie sich diese auf die Lebensqualität auswirken.

Hanna A. übt auf einem Bein zu stehen. Gar nicht so einfach. Obwohl sie sich an einer Tischkante festhält, hat die 89-Jährige Mühe, abwechselnd erst ihr linkes und dann das rechte Bein anzuheben. Auch schmerzt es, das Knie bei dieser Übung anzuwinkeln. Johannes Wittgen weiß um diese Schwierigkeiten. Ergotherapie bezeichnet er als „Hilfe für Menschen, die körperlich eingeschränkt oder davon bedroht sind“.

Das trifft nicht nur auf Senioren und Seniorinnen mit Alterserscheinungen oder Verletzungen zu. Sondern auch auf jüngere Menschen, die durch Krankheiten oder Behinderungen eingeschränkt sind. In Zahlen: Laut des Heilmittelberichts des wissenschaftlichen Instituts der AOK werden pro Jahr gut 28 Millionen ergotherapeutische Behandlungen abgerechnet. „Vor allem betroffen sind ältere Menschen. Denn mit dem Alter lassen Muskelkraft und Motorik gezwungenermaßen nach“, so der 31-Jährige.

Gruppentraining: Soziale Interaktion und körperliche Forderung

Bewohnerin Hanna A. ist erst vor kurzem gestürzt und hat sich an der Hüfte verletzt. „Da ist es normal, Angst zu haben und den Körper in den Standby-Modus zu setzen. Alles nur, um eine Wiederholung zu vermeiden“, spricht Wittgen aus jahrelanger Erfahrung. Nun hat die Seniorin durch die fehlende Bewegung aber Muskelmasse abgebaut. Alltägliche Abläufe, wie der Gang zur Toilette, werden zur Herausforderung. „Ein Fall wie aus dem Lehrbuch“, so der Fachmann. Und Anlass für Hanna A., sich der Ergotherapie im Hause anzuschließen.

Sinnvoll für Menschen mit erhöhter Sturzgefahr ist der Ansatz der Sturzprophylaxe. Einmal pro Woche gibt Wittgen den Gruppenkurs für bis zu acht Teilnehmende gleichzeitig. Durch Gleichgewichtsübungen, die die Muskulatur stärken, können die Älteren dort sicheres Gehen trainieren – mit und ohne Hilfe. Auch den Umgang mit Haltegriffen und Rollatoren zeigt er den Rentnern in seinen Trainings. Zusätzlich klärt Wittgen über Stolperfallen im Alltag auf und hilft den Betroffenen, diese im nahen Umfeld zu beseitigen. „Die Sturzprophylaxe ist einer der beliebtesten Therapieansätze und zeigt große Erfolge.“ Laut des 31-Jährigen sind die Teilnehmenden schon nach wenigen Sitzungen selbstsicherer im Gang und haben mehr Kraft, um alltägliche Wege zu beschreiten.

Neben der Sturzprävention bietet der Ergotherapeut weitere Möglichkeiten der Gruppentherapie. „Gemeinsam Kopf und Körper trainieren, bereitet mehr Spaß und bietet einsamen Personen zusätzlich soziale Kontakte“, sagt Wittgen. So beispielsweise in der Kreativtherapie. Hier feilen bis zu zehn Teilnehmer und Teilnehmerinnen einmal wöchentlich durch Handarbeit, wie Basteln und Malen, an ihrer Motorik und dem Gedächtnis. Oder alle spielen, reimen und rätseln miteinander. Das sorgt für Freude und ist gleichzeitig Training.

Individuelle Therapie: Gezieltes Üben und emotionaler Support

„In Einzelsitzungen versuche ich mit gezielten Bewegungsübungen verlorene Fähigkeiten auszugleichen oder wiederherzustellen“, äußert sich Wittgen über den individuellen Ansatz der Ergotherapie. In bis zu 90-minütigen Sitzungen trainiert er – gerne auch mehrmals die Woche – gezielt die Motorik der Betroffenen, stärkt bestimmte Muskelgruppen oder schult den Gleichgewichtssinn. Grundbaustein der Therapie ist dabei das gezielte Üben der Bewegungsabläufe von alltäglichen Aktivitäten, wie dem Anziehen, Essen oder Haare kämmen.

„Bei der individuellen Behandlung kann ich mir mehr Zeit für die Person und ihre Belange nehmen.“ Dieses Persönliche und Emotionale sei es, was Menschen neben dem Training benötigen. „Denn wenn der Körper nicht mehr mitmacht wie gewohnt, kann das mental belastend sein“, weiß Wittgen aus intensiven Gesprächen mit Betroffenen. Daher setzt sich der Ergotherapeut regelmäßig mit Bewohnerinnen und Bewohnern und Angehörigen zusammen, um deren Probleme und Sorgen zu hören. Um dann gemeinsam individuelle Lösungen zu finden. „Zusammen können wir die Umwelt der Bewohner und Bewohnerinnen formen, sodass deren Alltag angenehmer wird.“ Das gelingt am besten, wenn die Ältesten der Gesellschaft vieles selbständig tun können.

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