Sturzprophylaxe

Laut des Bundesministeriums für Gesundheit stürzen etwa 30 von 100 zuhause lebendend Senioren über 65 Jahren einmal im Jahr. In Pflegeeinrichtungen sind es sogar knapp 50 von 100 Bewohnern, die jährlich stürzen und an den Folgen leiden. Eine erschreckende Zahl, wenn man bedenkt, dass diese Unfälle oft vermieden werden könnten. Dabei helfen kann die Sturzprophylaxe.

Blaue Flecken, Prellungen und Brüche – gerade Senioren sind gefährdet zu fallen. „Mit steigendem Alter nehmen Risikofaktoren für Stürze zu. Dazu gehören verringerte Muskelkraft, Sehschwäche, Schlafprobleme und Tagesmüdigkeit, Inkontinenz und Schwindel“, heißt es beim Zentrum für Qualität in der Pflege online (ZQP). Gemeinsam mit den äußeren Gefahrenquellen, wie einer schlechten Beleuchtung, Stolperfallen oder falsch eingestellten Hilfsmitteln, ist die Zahl der jährlichen Stürze bei Senioren kein Wunder. „Hinzu kommt: Sie können Gefahren nicht mehr so gut einschätzen, da ihre Wahrnehmung und Aufmerksamkeit beeinträchtigt sind“, schreibt das ZQP. Somit braucht es Hilfe von außen, um Gefahrenquellen zu beseitigen und Senioren durch Übungen vor Stürzen zu schützen – sogenannte Maßnahmen der Sturzprophylaxe.

Den Körper trainieren und stärken

Um tiefgehenden Verletzungen, die sogar zum Tod führen können, vorzubeugen, bieten Senioreneinrichtungen und Sportzentren Sturzprophylaxen an. „Im Alter ist das Stichwort Vorsorge. Denn schwere Verletzungen wie ein Oberschenkelhalsbruch heilen schlecht. Und Senioren können dann oftmals nicht mehr selbstständig den Alltag bewältigen“, weiß Gamal Löffler, Einrichtungsleiter des Seniorenwohnens Marienheim in Bad Reichenhall. Vor dem Fallen selbst, aber auch der Angst vor dem Sturz, sollen Trainingskurse Abhilfe schaffen. Daher bietet das Haus zwei Mal wöchentlich einen einstündigen Kurs an. Bewohner trainieren 60 Minuten lang Muskeln und Beweglichkeit, um diese zu erhalten und zu stärken.

Gamal Löffler © Seniorenwohnen BRK

Auch an der Augen-Hand-Koordination arbeiten die Teilnehmenden, sodass im Falle eines Sturzes die Reaktionsfähigkeit Schlimmeres verhindern kann. Die Senioren aktivieren ihren Körper von Kopf bis Fuß, erhalten durch Übungen und Aufstehtechniken ein sicheres Körpergefühl. „Sogar Gäste aus der Kurzzeitpflege nehmen an diesen Kursen teil“, freut sich Löffler. Der Spaß darf dabei natürlich nicht fehlen: Die Übungen sind spielerisch gestaltet und Teilnehmende können beispielsweise durch Luftballonspiele ihre Koordination und Reaktion trainieren. Auch die zahlreichen Bewegungsangebote der sozialen Betreuung im Marienheim wie Sitzgymnastik, Ballspiele oder Gehübungen sind wichtige Bausteine der Sturzprophylaxe. „Wer durch Übungen für den Körper vorsorgt, ist langfristig selbstständiger und schmerzfreier“, so Löffler. Die Sturzprophylaxe sei also ein ausschlaggebender Faktor für die Lebensqualität der Senioren.

Doch nicht nur den Körper gilt es zu trainieren, auch das Selbstbewusstsein. „Ziel ist es, die Angst vor dem Fallen zu nehmen“, weiß Löffler. Denn durch Angst komme es oft zur Bewegungsverweigerung. Dies führt zum Abbau der Muskulatur und somit viel eher zu Stürzen und Verletzungen. Durch das Training fühlen sich die Bewohner des Marienheims sicherer und sind stolz auf eigene Fortschritte.

Räume anpassen und Gefahren beseitigen

Zum Vorbeugen von Stürzen gehört auch, Wohnräume anzupassen. „Hohe Teppiche und Schwellen können Gefahrenquellen sein. Für dementiell Veränderte kann sogar die Farbe des Bodens einen Unterschied machen“, so Löffler. Daher bietet die Einrichtung Beratungen für Senioren an, wie sie Zimmer optimal gestaltet können, um Stürze zu vermeiden. Auch die Hilfsmittel sollten in diesem Zuge genauer unter die Lupe genommen werden. „Ist die Höhe eines Rollators nicht richtig eingestellt, birgt das ein Risiko zum Sturz“, weiß der Einrichtungsleiter. Die regelmäßige Überprüfung des rollenden Helfers und das Üben seien daher empfehlenswert. Sanitätshäuser bieten diesen Service für jeden an. Ebenso Apps wie Lindera. Durch eine Mobilitätsanalyse per Smartphone-Kamera liefert diese Senioren individuell abgestimmte Bewegungs- und Gleichgewichtsübungen sowie Tipps zur richtigen Einstellung von Gehhilfen. 

Zuhause lebenden Senioren rät der Einrichtungsleiter: „Kennen sie ihre gesundheitlichen Grenzen und Gefahrenquellen.“ Oft können eine sichere Wohnung und richtiges Schuhwerk schon vor Stürzen schützen. Für Senioren, die schon öfters gefallen sind, empfiehlt Löffler Notfallknöpfe und Sturzprotektorenhosen. Diese sind an den Seitentaschen mit viskoelastischem Material gefüllt und passen sich an den Körper an, um den Aufprall zu dämpfen. Das garantiert keine Verletzungsfreiheit, aber kann eine Oberschenkelfraktur mit schlimmeren Folgen verhindern.

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