In der Arbeit von Pflegekräften ist die sogenannte Vorhalteposition fester Bestandteil des Alltags. Wer viel aus dieser Haltung heraus mit dem Armen vor dem Körper arbeitet, etwa weil er oder sie einen Pflegebedürftigen in dessen Bett aufrichten will, beansprucht die eigene Schulter- und Nackenmuskulatur. „Was hier zu Verspannungen führen kann“, wie Klaus Hage verdeutlicht. Der Präventionsfachmann der AOK Ludwigsburg-Rems-Murr empfiehlt Pflegerinnen und Pflegern vor allem mit Thera-Bändern diesen muskulären Verhärtungen entgegenzuwirken.

Thera-Band und Kniebeuge

„Streckbewegungen, die die Schulterblätter zusammenziehen, sind ideal“, so der Sport- und Erziehungswissenschaftler. Dafür braucht es kein Fitnessstudio, zumal den für sechs Euro zu habenden bunten Bändern oft detaillierte Übungsblätter beiliegen. Allerdings, so gibt Hage zu bedenken, reiche es nicht nur die Schultern und den Rücken zu stärken, sondern sehr wohl auch die Armmuskulatur.

Als Übung für Menschen, die im Alltag viel Gewicht hochheben müssen, hält der AOK-Experte die Kniebeuge für unerlässlich. „Wer mit steifen Knien und abgewinkeltem Oberkörper arbeitet, schadet seinem Rücken“, stellt Hage nüchtern fest. Die Kniebeuge als Übung wirkt entgegen diesem Bewegungsmuster, denn Trainierende lernen die Kraft der Beine zu nutzen. Bei Kniebeugen werden Oberschenkel, Bauch, Rücken sowie die Muskulatur entlang der Wirbelsäule trainiert. Also die großen Muskelgruppen.

Nordic Walking und weniger Rauch

Speziell in der Pflege, so zeigen Studien, sorgen Muskel- und Skeletterkrankungen mit am häufigsten für Fehlzeiten. Gefolgt von psychischen Belastungen und im Postcorona-Zeitalter von Atemwegserkrankungen. „Parallel dazu steigt gesellschaftsweit wieder die Anzahl der Raucher“, wie Hage verdeutlicht, der beobachtet, dass gerade auch Pflegekräfte mit dem Rauchen Druck kompensieren wollen.

Um aus dieser Suchtspirale herauszufinden, rät der Gesundheitsfachmann Pflegekräften dazu mit Ausdauersportarten zu starten. Nordic Walking, das zügige Gehen mit Laufstöcken, stärke die Muskulatur im Schulterbereich, wenn die Stöcke richtig eingesetzt werden. Wie Skilangläufer sollten Nordic Walker die Stöcke nutzen, um sich hinten-unten abzudrücken.

3x in der Woche, 20 Minuten

Auch hinsichtlich der Trainingsintensität, bezieht Hage Stellung: Wer einmal pro Woche trainiere, beruhige nur sein Gewissen. Stattdessen zwei, besser dreimal in der Woche für 20 Minuten die Kräftigungsübungen zu machen, sei sinnvoll. Weil dann der Trainingsreiz wirke. Der Körper befinde sich nach drei Tagen auf einem höheren Niveau als zuvor. Wenn dann wieder trainiert würde, steigere das den Muskelaufbau sowie die Ausdauer.

Was die Intensität angehe, so sei für Wiedereinsteiger eine Wiederholungsrate von 12- bis 15-mal ideal. Wer dann zwei bis drei Durchgänge schaffe, merke binnen Wochen einen Trainingserfolg. „Wobei der zweite und vor allem der dritte Durchgang spätestens ab der zehnten Wiederholung anstrengend sein sollte“, so Hage.

Liegestütze und einseitiges Training

Sein nächster Appell betrifft das einseitige Training. „Jeder Mensch hat eine Schokoladenseite“, so der Hage. Mit zunehmendem Alter sei es jedoch wichtig, auch die schwächeren Muskeln anzuregen. Beispielsweise, indem Pflegekräfte Kniebeugen einbeinig absolvieren. Das gelinge, indem man sich etwa am Türrahmen leicht abstütze und das Knie des Standbeines langsam um bis zu 90 Grad abwinkle. Gerade dieses Training verschaffe Sicherheit, weil die schwache Körperseite gestärkt werde. Das klappe auch bei Liegestützen: Einarmig an einer Treppe üben und den Unterschied zu zweiarmigen Liegestützen spüren, so der AOK-Experte.

Parallel zum Training empfiehlt Hage in der Pflege die Mithilfe der Heimbewohner einzufordern. Jeder Senior, der sich beim Aufrichten am Arm der Pflegekraft festhalte, unterstütze damit den Aufstehprozess und entlaste den Hilfegebenden. Gleichwohl sollten Pflegerinnen und Pfleger darauf achten, während der Hilfestellung aus den Oberschenkeln heraus zu arbeiten – die ja zuvor durch die Kniebeuge trainiert wird. Statt aus dem unteren Rücken die Kraft zu holen.

Ohne Handy und ohne Zucker

Um erfolgreich zu trainieren, ist es laut Expertem genauso wichtig, zu regenerieren. „Ohne ausreichend Schlaf, gibt es kaum oder keine Trainingserfolge“, bilanziert der Sportfachmann. Weil Schlafen für schichtarbeitende Pflegefachkräfte immer ein Thema ist, sei es ferner wichtig, vor dem Zu-Bett-Gehen Lichtquellen abzuschalten. „Dazu gehört auch und vor allem das Handy“, so Hage. Möglichst zwei Stunden vor der Nachtruhe sollten Pflegekräfte es weglegen. Und auch das Schlafzimmer sollte möglichst dunkel sein. Lesen oder ein Hörbuch hören, sei eine gute Einschlafhilfe, so Hage, der über seinen Arbeitgeber auch Vorträge zum gesunden Schlaf anbietet.

Der ganzheitliche Blick des AOK-Manns richtet sich zudem auf die Ernährung. Wer trainiert, braucht Energie. Daher empfiehlt Hage Vollwertkost nach der Ernährungspyramide. Das beinhaltet auch, dass zuckerreduziert gegessen und vor allem getrunken wird. 1,5-Liter-Flaschen Cola, wie sie in vielen Pflegedienstzimmern lagern, sollten gestrichen werden. Der über die Getränke zugeführte Zucker wandele sich in Fett um, das der Körper heutzutage kaum mehr verbrennen kann, weil wir uns zu wenig bewegen.

Weiterführende Links:

Wichtige Schwerpunkte bei BGF für Pflegekräfte | AOK – Die Gesundheitskasse

RÜCKEN aktiv im Job :: Bundesweit :: Index (aok-bgf.de)

Heben und Tragen | AOK – Die Gesundheitskasse

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