Pflege finanzieren: Auf welche Kosten sich Angehörige einstellen sollten

Die Lebenserwartung in Deutschland steigt weiterhin: Menschen werden immer älter und sind damit zunehmend auf Pflege angewiesen. Aktuell gibt es deutschlandweit fünf Millionen Pflegebedürftige – Tendenz steigend. Das bedeutet auch, dass sich mindestens fünf Millionen Angehörige mit dem Thema Pflegefinanzierung beschäftigen müssen. Wie viel die Pflege wirklich kostet und welche staatlichen Hilfen Pflegebedürftigen zustehen, lesen Sie im Folgenden.

Pflegeheim: Drei große Kostenpunkte

„Pflege in Deutschland ist teuer“, äußert sich Focus-Online Redakteurin Philine Lietzmann in einem Interview. Wie teuer sie sein kann, werde von den meisten Deutschen immer noch unterschätzt. Deshalb ist es wichtig, diese Wissenslücke zu schließen. Klar ist, dass die Kosten der Pflege in Senioreneinrichtungen von Standort zu Standort variieren. Jedoch setzt sich die Summe generell durch drei große Posten zusammen: Die Pflege an sich, Unterkunft und Verpflegung, sowie die Investitionskosten der Einrichtung. Zusatzleistungen wie für Inkontinenzartikel können extra anfallen. Ebenso das „Taschengeld“ für die Liebsten.

Pflegeheim: Bis zu 3000 Euro Kosten monatlich

Zusammengerechnet fallen in der stationären Pflege monatlich Kosten von 2000 bis 3000 Euro an soweit ein anerkannter Pflegegrad vorliegt. Den größten Kostenanteil daran macht die Pflegetätigkeit an sich aus, auch einrichtungseinheitlicher Eigenanteil (EEE) genannt. Mindestens 900 Euro monatlich sollten Angehörige dafür einplanen. „Hier lohnt sich ein Preisvergleich“, so Lietzmann. Denn der EEE ist unabhängig vom Pflegegrad und unterscheidet sich von Haus zu Haus.

Mehr als 450 Euro fallen für die Unterkunft an, wozu die Miete und der Reinigungsservice zählen. Gemeinsam mit der Verpflegung von circa 320 Euro ergeben das für den zweiten Posten mindestens 770 Euro. „Hier muss der Heimbetreiber einen Nachlass gewähren, wenn der Pflegebedürftige die Mahlzeiten nicht mehr zu sich nehmen kann und etwa mit einer Magensonde ernährt wird“, weist die Online-Redakteurin auf eine mögliche Preisminderung hin.

Der Posten „Investitionskosten“ ist mit knapp 450 Euro einzuplanen. Diese fließen in die Instandhaltung und Modernisierung der Senioreneinrichtung. „Wer sich die Investitionskosten nicht leisten kann, hat unter Umständen Anspruch auf Pflegewohngeld“, so Lietzmann.

Pflegeheim: Das übernimmt die Pflegeversicherung wirklich

Je nach Grad der Beeinträchtigung – gemessen an den fünf Pflegegraden – beteiligt sich die gesetzliche Pflegeversicherung an den Kosten. „Den Pflegegrad muss man beantragen“, fügt die Focus-Redakteurin an. Ab der Einstufung zum Pflegegrad 1 gibt es einen Entlastungszuschuss von 125 Euro monatlich. Ab dem zweiten Pflegegrad können Pflegebedürftige oder Angehörige zusätzlich mit einem Zuschuss zu den Heimkosten rechnen. So erhalten Pflegebedürftige des Pflegegrad 2 knapp 770 Euro Bezuschussung. Bei dem höchsten Pflegegrad zahlt die Pflegeversicherung 2005 Euro. „Stellen wir diese Zuschüsse den tatsächlichen Unterbringungskosten gegenüber, können wir sehen, dass die gesetzliche Pflegeversicherung auch beim höchsten Pflegegrad nicht alle Kosten übernimmt“, resümiert Lietzmann.

Seit Januar 2022 gibt es zusätzlich ab dem zweiten Pflegegrad einen Leistungszuschlag, der bei den stetig steigenden Kosten der Betreuung im Pflegeheim unterstützen soll. Dieser wird nach der Aufenthaltsdauer des Pflegebedürftigen in der Einrichtung bemessen. Sprich: Je länger der zu Pflegende im Heim wohnt, desto höher der Zuschlag. So bekommen Heimbewohner, die mindestens drei Jahre in der Einrichtung wohnen, einen Zuschlag von 70 Prozent auf den Eigenanteil. 

Die übrige Differenz, auch Pflegelücke genannt, müssen Pflegebedürftige selbst, oder im Extremfall die Angehörigen, tragen. Sollte das Geld bei Oma, Vater oder Mutter nicht reichen, können Angehörige zur Zahlung verpflichtet werden. „Unterhaltsverpflichtete Angehörige können aber erst dann finanziell in Anspruch genommen werden, wenn ihr jährliches Bruttoeinkommen den Betrag von 100.000 Euro übersteigt“, heißt es beim Bundesgesundheitsministerium. Liegen sie unter dieser Summe, haben Angehörige die Möglichkeit zum Unterhaltsrückgriff durch einen Sozialhilfeträger.

Pflege Zuhause: 24-Stunden-Pflege

Pflege in den eigenen vier Wänden kann sehr verschieden aussehen – dementsprechend variieren die Kosten. Neben der teuersten Version, der 24-Stunden-Pflege, gibt es die Möglichkeit zu einem ambulanten Pflegedienst, einer Seniorenbetreuung oder einer Verhinderungspflege. Bei den rund 2,3 Millionen Menschen, die aktuell zuhause gepflegt werden, scheint die teure Rund-um-die-Uhr-Pflege jedoch am beliebtesten. „Die Kosten liegen im Entsendemodell zwischen 2200 und 3200 Euro pro Monat“, äußert sich der Verbund Pflegehilfe online. Auch hier können Pflegegeld, Entlastungsbeitrag und Mittel aus der Verhinderungspflege die Pflegelücke für Pflegebedürftige minimieren. Oft bleibt aber ein Beitrag, der selbst übernommen werden muss.

Pflege Zuhause: Teilzeit-Betreuungsmodelle

Ambulante Pflegedienste sind dagegen wesentlich billiger, umfassen aber auch nur die medizinische Behandlungspflege. „Die Pflegekasse übernimmt die Kosten für den Pflegedienst. Die sogenannten Pflegesachleistungen stehen Bedürftigen ab Pflegegrad 2 zu“, so der Verbund Pflegehilfe. So können Pflegebedürftige – je nach Pflegegrad – mit 724 bis 2095 Euro monatlich rechnen.

Seniorenbetreuung findet stundenweise statt und wird auch so bezahlt. „In der Regel liegen die Preise zwischen 25 und 35 Euro pro Stunde“, veröffentlicht die Pflegehilfe. Auch hier können Entlastungsbeträge genutzt werden, ebenso ungenutzte Pflegesachleistungen.

Die Verhinderungspflege soll wochen- oder stundenweise pflegende Angehörige entlasten. „Der Anspruch auf Pflegesachleistungen besteht ab Pflegegrad 2“, heißt es beim Verbund Pflegehilfe. Die Kosten für die Ersatzpflege sind auf den gewünschten Zeitraum angepasst und variieren daher stark. Generell stehen Pflegebedürftigen ab dem 2. Grad jedoch jährlich 1612 Euro für Verhinderungspflege zu. Der Zuschuss kann sogar durch ungenutzte Mittel aus der Kurzzeitpflege auf 2418 Euro erhöht werden.

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1 comment

  1. Ja, das älter werden ist wirklich in jeder Hinsicht kein Spaß 😀 Und das Geld für so eine Pflege muss man dann auch erstmal haben. Meine Eltern sind zwar noch nicht pflegebedürftig, dennoch haben wir ihnen jetzt auch einen Notfallknopf besorgt und fangen auch an uns Gedanken zu machen, wie die Zukunft aussehen soll. Lohnt sich vielleicht irgendwann ein Treppenlift sein, damit sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können oder soll das Geld dann doch für Heim gespart werden. Da kommen dann aber dann auch schon die nächsten Fragen auf. Welches Heim soll es am besten werden, soll man sich jetzt schon auf die Warteliste setzen lassen oder vielleicht auch schonmal ein Probewohnen machen. Es ist wirklich nicht einfach!