Stress Pflegealltag

Nach den neusten Statistiken der Bundesagentur für Arbeit übernehmen rund 1,7 Millionen Pflegekräfte die Umsorgung für knapp 4,1 Millionen Pflegebedürftige. Beim Vergleich der beiden Zahlen ist es kein Wunder, dass sich Arbeitnehmer in Pflegeberufen oft ausgebrannt oder gestresst fühlen. Doch ein richtiges Gesundheitsmanagement kann Stress im Pflegealltag minimieren oder gar präventieren. Fünf Tipps, wie diese Vorbeugung aussehen kann, gibt Corinna Tischler, Beauftragte für Betriebliches Gesundheitsmanagement im BRK-Seniorenwohnen Kieferngarten in München.

  1. Stressauslöser erkennen

Dauerhafter Stress macht sich psychisch und körperlich bemerkbar. „Warnzeichen für eine Überlastung reichen von einem Wandel des Wesens einer Person oder kleinen Fehlern in Routinen, bis hin zu Herzrasen, Kopfschmerzen und Übelkeit. Jeder Mensch ist anders und so äußert sich auch das Überarbeitet-Sein verschieden“, weiß Tischler. Damit es gar nicht erst so weit kommt, gilt es Stressauslöser zu erkennen. „Sei es durch Personalausfälle, zeitlich eng getaktete Arbeitsabläufe oder dem Wunsch, jedem gerecht werden zu wollen: das kann einer Pflegekraft alles ganz schnell zum Verhängnis werden und dazu führen, dass man das eigene Wohlbefinden vergisst“, sagt die Beauftragte für betriebliches Gesundheitsmanagement. Können Pflegekräfte hingegen identifizieren, welche Situationen besonders beanspruchen, so lässt sich durch einfache Übungen oder Strukturierungen oft die Intensität aus dem Auslöser nehmen.

  • Grenzen setzen

Kennt man die eigenen Stressauslöser, lässt sich damit arbeiten. „Dann muss man klare Grenzen für sich setzen“, so Tischler. Klar ist, dass Pflegekräfte nicht nur pflegerisch, sondern auch menschlich, für die Bewohner da sein möchten. Bei Ausfällen von Kollegen kann das schnell zur Herausforderung werden. „In solchen Situationen ist es wichtig, die Arbeitsabläufe zu strukturieren und das ein oder andere Gespräch mit einem Senior ausfallen zu lassen“, schlägt die 30-Jährige vor. Oder zu einer Schicht-Übernahme „nein“ zu sagen, sei keinesfalls verwerflich. „Wichtig ist es, mit den Kollegen und der Führungsebene die eigenen Grenzen, sowie die Grenzen vom Team, klar zu kommunizieren.“

  • Entspannen lernen

„Entspannen klingt zwar einfach, ist aber für manche Menschen ein Lernprozess“, spricht Tischler aus Erfahrung. Das Seniorenwohnen Kieferngarten hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, für das ganze Haus Workshops zu Entspannungsübungen anzubieten. In besonders stressigen Momenten können sich die Pflegekräfte aus der Situation rausnehmen und ihr Gelerntes anwenden, um gestärkt weiterzuarbeiten. Zusätzlich gibt es in der Einrichtung sogenannte „Gesundheitslotsen“ – Mitarbeiter, die ausgebildet sind, um ihre Kollegen zu den Themen Entspannung, Bewegung, Stress- und Pausenmanagement zur Seite zu stehen. „Manchmal kann es etwas so Einfaches, wie kurz an die frische Luft gehen und tiefes Einatmen, sein.“ Wichtig sei es, die Pausen zu nutzen, selbst wenn dafür eigentlich keine Zeit ist. Zwanzig Minuten mit Kolleginnen und Kollegen lachen oder alleine spazieren gehen, können den Stresspegel im Körper reduzieren.

  • Offene Kommunikation

Die richtige Kommunikation im Team, sowie zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden, ist essenziell für einen funktionierenden Arbeitsalltag ohne Dauerüberlastungen. „Aufgabe der Führungsebene ist es, die Dienste ausgeglichen strukturiert aufzustellen und einzuhalten“, so Tischler. Sei das nicht der Fall, muss die Führungskraft Stress-Hochphasen erkennen und handeln können. „Das gelingt durch einen offenen Austausch mit der Belegschaft und einen wertschätzenden Umgang“, weiß die Beauftragte für Gesundheitsmanagement. Nachfragen, zuhören und transparent Entscheiden sind die Pfeiler, die das Zusammenspiel der Ebenen erfolgreich machen. „Auch Anerkennung oder Lob kann dem Gegenüber oft schon den stressigen Alltag versüßen.“

  • Ernährung und Fitness

Der Pflegeberuf stellt sowohl den Körper als auch die Psyche, auf die Probe. Schweres Heben und den ganzen Tag auf den Beinen zu sein, hinterlässt Spuren. „Daher ist es wichtig, den Körper fit und gesund zu halten“, weiß die Gesundheitsexpertin und weißt darauf hin: „das ist die Basis fürs physische und psychische Funktionieren im Alltag.“

Regelmäßige, ausgleichende Bewegung für den Rücken gehört genauso dazu, wie eine ausgewogene Ernährung. „In unserer Einrichtung stellen wir den Mitarbeitern frisches Obst zur Verfügung“, benennt Tischler eine Maßnahme. Auch das Kantinen-Essen ist angepasst und die Belegschaft bekommt Informationen, wie auch eine gesunde Ernährung außerhalb der Arbeit gelingen kann. „Damit die Körper der Mitarbeiter bestmöglich geschont werden, bieten wir Kinästhetik-Schulungen an“, so die 30-Jährige. Dabei lernen die Angestellten das körperschonende Anheben der Senioren oder eben, wie man Senioren aktivieren kann, sodass sie beim Umlagern selbst Kraft aufwenden. „Das alles ist wichtig: denn ein gesunder, gestärkter Körper ist viel weniger anfällig für Stress“, resümiert Tischler.

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