Der Architekt Eckhard Feddersen plant seit vielen Jahren Pflegeheime. Ein wichtiger Aspekt seiner Arbeit ist es, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden. Im folgenden Interview (Teil 2) gibt der Berliner Architekt Einblicke in die Raumplanung für Pflegeheime:

  1. Welche Tipps können Sie Einrichtungen geben, die sich über aktuelle Trends bei der Raumplanung informieren möchten?

Ich bleibe ein Befürworter des konkreten Erlebens – am besten in gerade fertiggestellten Häusern oder auf Messen. Gerade bei der Möblierung kann mir das Internet oder eine Zeitschrift zwar erste Ideen vermitteln, aber so richtig ein Gefühl für das Produkt und seine Wirkung erhalte ich doch nur vor Ort. Bei allen Neuerungen sollte man auch den regionalen Aspekt nie aus den Augen verlieren. Ein gut gestaltetes Pflegeheim sieht am Bodensee anders aus als eines in der Holsteinischen Schweiz – gerade auch in der Möblierung.

  1. Welche Besonderheiten beachten Sie, wenn Sie Räume für Demenzerkrankte planen?

Zentraler Aspekt ist die Sinnfälligkeit der Räume. Sie sollten unmittelbar erfahrbar sein: Wo beginnt ein Raum, wo endet er – das muss auf den ersten Blick klar sein. Verwinkelte Raumfolgen, allzu fließende Übergänge erschweren die Orientierung. Für Menschen mit Demenz ist es wichtig dass gerade in den Fluren der Wohngruppen eindeutige Ziele angeboten werden, markante Punkte, die jeden Standort unverwechselbar machen. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Übergang vom halböffentlichen Flur oder Gemeinschaftsraum zum Bewohnerzimmer. Diese „Schwelle“ ins quasi Private sollte individualisiert und leicht wiedererkennbar sein. Ein simples Schild mit Zimmernummer und Namen des Bewohners wird dieser Übergangssituation nicht gerecht. Steht man dagegen in einer farblich abgesetzten Eingangsnische, in der zwei Zimmertüren eine eigene „Adresse“ mit Deckenlicht bilden, wird klar, dass man gleich den persönlichen Bereich eines Menschen betritt. Neben den Grundrissen kommt es entscheidend auf die Atmosphäre an. Auch hier hat sich inzwischen zum Glück das Prinzip „So viel Pflege wie nötig, soviel Wohnen wie möglich“ durchgesetzt. Wer 24 Stunden am Tag in denselben Räumen verbringt, braucht sinnliche Farben, die Anregung bieten, ohne zu überreizen. Je privater der Raum, desto ruhiger sollten die Farbtöne gewählt werden. Ähnliches gilt für die Beleuchtung: Ich bevorzuge Lichtsysteme, bei denen die Leuchten gedimmt und den Bedürfnissen der Bewohner angepasst werden können.

  1. Welche Rolle spielen Anbieter von Pflegebetten und anderen Einrichtungsgegenständen bei Ihren Planungen?

Das Bett ist das zentrale Möbelstück des Bewohnerzimmers, seine Gestaltung strahlt auf den gesamten Raum aus. Daher sind die Hersteller auch ein wichtiger Akteur bei der Innenarchitektur von Pflegeimmobilien. Eine enge, im Planungsprozess möglichst frühe Zusammenarbeit mit den anderen Beteiligten zahlt sich aus und ist am Ergebnis ablesbar. Ich habe daher immer den fachlichen Austausch mit den Anbietern gesucht und würde das auch meinen Kolleginnen und Kollegen stets empfehlen.

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Seit der Gründung seines ersten Architekturbüros 1973 baut Eckhard Feddersen im sozialen Bereich. Er lehrte an der TU Berlin und war Planungsdirektor für die Bauausstellung Berlin 1999. 2002 gründete er das Büro feddersenarchitekten und fokussierte sich weiter auf das Thema Sozialimmobilien. 2003 initiierte er den „Kompetenzkreis Gesundheit Pflege und Behinderung in Berlin“ mit Akteuren aus Politik, Gesundheitsversorgung und Wohlfahrtspflege. Eckhard Feddersen war seit

2009 Mitglied im universal design e.V. und ist Gründungsmitglied des interdisziplinären Experten-Netzwerks für Sozialimmobilien „Netzwerk S“.

2014 gab er gemeinsam mit Insa Lüdtke die Publikation „raumverloren – Architektur und Demenz“ heraus. Nach der Übergabe des Büros Feddersen Architekten an Stefan Drees und Jörg Fischer ist er weiterhin als Referent und Publizist tätig.

 

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