Demenzforschung

Aktuelle Entdeckungen und hoffnungsvolle Studien

Demenz – eine Volkskrankheit, die bisher nicht geheilt werden kann. Nach aktuellen Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit der Krankheit. Weltweit sind es sogar knapp 47 Millionen Erkrankte. Ohne Fortschritte in der Behandlung und Prävention erwartet man, so der jährliche Bericht der „Alzheimer’s Disease International“, fast die doppelte Anzahl an dementiell Veränderten. Um dem vorzubeugen, suchen Forscher auf der ganzen Welt nach einem Heilmittel. Aktuelle Fortschritte in der Demenzforschung und hoffnungsvolle Studien finden Sie im Folgenden.

Erkenntnis zu Proteinen: Klümpchen als neue Hauptverdächtige

Schon jahrelang wird in der Demenzforschung beobachtet, dass dementiell Veränderte zu Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn neigen. Woher diese kommen und unter welchen Bedingungen sie entstehen, ist bislang jedoch unklar. Neuer Hauptverdächtiger für die Erkrankung ist jetzt jedoch nicht mehr die Ablagerung selbst. Forscherinnen und Forscher nehmen seit kurzem kleinere Klümpchen von Proteinen, sogenannte Oligomere, unter die Lupe.

Bestandteil der Oligomere ist das Peptid Amyloid-beta, das an sich in jedem Körper vorkommt und nicht schädlich ist. Erst bei Stoffwechselstörungen im Gehirn bildet sich das Peptid zu toxischen Oligomeren, die als ein Auslöser für Demenz vermutet werden. Im Sommer des vergangenen Jahres konnten Forschende der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und des Forschungszentrums Jülich feststellen, dass sich Oligomere im leicht sauren Milieu 8000-mal schneller vermehren als bei einem neutralen pH-Wert. Im Körper lässt sich der leicht saure pH-Wert in bestimmten Unterstrukturen von Zellen vorfinden, sogenannten Endo-und Lysosomen. Laut Wolfgang Hoyer von der Heinrich-Heine-Universität können diese Erkenntnisse bestätigen, dass End- und Lysosomen Stellen sind, an denen Oligomere gebildet werden.

Die Untersuchung der Proteinklümpchen weist noch weitere Entdeckungen auf. Bei dem Tau-Protein vermuten Forscherinnen und Forscher ebenfalls, dass es für das Fortschreiten der Krankheit verantwortlich ist. Wird dieses Protein nun mit den Oligomeren vereint, kommt es zu einer Protein-Fehlverteilung des Tau-Proteins in der Nervenzelle. Folgen der falschen Verteilung im Körper sind Funktionsverluste der Nervenzellen und kognitive Einschränkungen bei den Betroffenen. Eine wichtige Erkenntnis für die Entwickler von Diagnostik- und Therapiestrategien, die sich mit Proteinen beschäftigen.  

Bluttests: Neurofilament als potentieller Biomarker?

Neben den genannten Proteinen wird das Neurofilament, ein wichtiger Bestandteil der Neurone, als Biomarker für Demenz vermutet. Im Nervenwasser stellen Forscherinnen und Forscher diese Biomarker schon seit Jahren fest. Im Sommer 2021 konnte der erste Bluttest für Alzheimer auf dem Markt zugelassen werden. „Precivity AD-Bloodtest“ nennt sich die Neuheit, die in Europa vorerst nur Forschende für wissenschaftliche Studien nutzen dürfen. So können Forschungsinstitute die bisher aus dem Nervenwasser abstrahierten Biomarker diese auf einfache, ungefährliche Weise im Blut testen. Die neue Möglichkeit führt potentiell zu mehr Probanden und damit zu innovativen Erkenntnissen über Biomarker für Demenz im Blut.

AlzBiom-Studie: Darmflora und Demenz?

Dass der Darm in vielen Fällen über die Gesundheit des Körpers entscheidet, steht seit Jahren fest. Bei Krankheiten, wie Übergewicht, Blutdruckstörungen und Diabetes, ist der Blick auf die Darmflora zur Behandlung schon üblich. Nun untersucht unter anderem das Universitätsklinikum Tübingen, welchen Zusammenhang das Mikrobiom des Darms und die Volkskrankheit Demenz haben. Ziel der Studie mit dem Namen „AlzBiom“ soll es sein, Gemeinsamkeiten, sowie Differenzen, bei Probanden mit gesunder und ungesunder Darmflora in Bezug auf Demenz herauszuarbeiten. Die Ergebnisse können bei Erfolg der Studie zu neuen Therapieformen gegen die Krankheit eingesetzt werden.

Medikamentöse Studien: Mit Wirkstoffen gegen Demenz?

Die Suche nach einem passenden Medikament gegen Demenz ist keine Neuheit – bisher jedoch erfolglos. Der jährliche Bericht der “Alzeimer’s Drug Discovery Foundation” aus dem Jahr 2021 gibt an, dass sich aktuell 126 Wirkstoffe in klinischen Prüfungen befinden.

So beispielsweise Vorinostat, das momentan in einer Studie in Zusammenarbeit des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen Bonn und der Gedächtnisambulanz der Universitätsmedizin Göttingen klinisch geprüft wird. Zugelassen ist der Wirkstoff schon für T-Zell-Lymphome auf der Haut. Nun wird das Medikament über zwei Jahre an 44 Personen mit milder Demenz getestet. Das Ziel: Eine verträgliche und tolerierbare Dosis des Wirkstoffes zu finden, der durch Tierstudien bewiesen das Gedächtnis verbessert. Kommt es dabei zu Erfolgen, könnte das Medikament in den nächsten Jahren für den Kampf gegen dementielle Symptome zugelassen werden.

Nah an der Zulassung war Ende 2021 auch Aducanumab. Ein Wirkstoff, der sich gegen das Demenz auslösende Protein Beta-Amyloid richtet. In den USA können Betroffene das Medikament unter Auflagen schon erwerben. In Deutschland hingegen ist die Zulassung im Dezember 2021 gescheitert. Aducanumab beweist sich In Studien zwar als wirksam gegen die Eiweiß-Ablagerungen im Gehirn der dementiell Veränderten. Leider musste die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA aber schwerwiegende Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen feststellen und lehnt daher die Markteinführung des Wirkstoffes mit dem Handelsnamen Aduhelm ab.

NeuroMET 2-Studie: Durch hochauflösendes MRT zur Frühdiagnostik?

Magnetresonanztomographien, kurz MRTs, sind eine bewährte nicht operative Methode, um das menschliche Gehirn genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Studie NeuroMET 2 macht sich aktuell zur Aufgabe neurodegenerative Erkrankungen durch ein 7T-MRT früh zu erkennen. 7T, sieben Tesla, steht für die Magnetfeldstärke des Geräts und ist damit doppelt so stark wie herkömmliche MRTs. Dementsprechend detaillierter und hochauflösender sind die Bilder des Geräts. Der Erfolg der Studie mit dem Ziel, Methoden für eine frühe Diagnostik zu entwickeln und effektive Therapien für Betroffene zu ermöglichen, könnte wegweisend für das frühe Erkennen der Krankheit sein.

Kognitive Tests: Tablets zur Früherkennung?

Mit dem Fortschreiten der Demenz kommen zunehmend Beeinträchtigungen des Gedächtnis‘, der kognitiven Fähigkeiten und der geistigen Leistungskraft. Das Universitätsklinikum Tübingen forscht aktuell mit Tablet-basierten Tests an Indikatoren zur frühzeitigen Erkennung der Krankheit. Dabei beobachten die Forschenden die Motorik der Teilnehmenden in verschiedenen Demenz-Stadien bei Handschrift- und Zeichnungsaufgaben auf einem Tablet. Die Qualität, Automatisierung und Genauigkeit der Bewegungen sind im Fokus der Studie. Eine erfolgreiche Datensammlung der motorischen Fähigkeiten aus verschiedensten Demenz-Stadien könnte künftig eine alltagstaugliche, simple Art der Früherkennung darstellen.

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