Der Architekt Eckhard Feddersen plant seit vielen Jahren Pflegeheime. Ein wichtiger Aspekt seiner Arbeit ist es, den individuellen Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden. Im folgenden Interview (Teil 1) gibt der Berliner Architekt Einblicke in die Planung und Entwicklung von Bewohnerzimmern:

  1. Herr Feddersen, vor vier Jahren haben wir Sie schon einmal zum Thema „Planung von Pflegeheimen und Bewohnerzimmern“ interviewt. Was hat sich aus Ihrer Sicht in der Zwischenzeit getan?

Der allgemeine Trend zur Ambulantisierung wirkt sich auch auf die Planung von Pflegeheimen aus. Kleinere Gruppen, mehr Hausgemeinschaftskonzepte, insgesamt eine an die alltägliche Normalität angepasste Wohnlichkeit werden immer wichtiger. Das sind alles keine neuen Tendenzen, aber sie verstärken sich spürbar. Das Heim der Zukunft wird ein Versorgungsbaustein in einem vielfältigen Setting von Angebotsformen sein, die eng miteinander vernetzt sind. Um in diesem Umfeld gut bestehen zu können, sollten sich die Häuser frühzeitig anpassen: Eine wohnliche Atmosphäre, kleine familiäre Gruppen und eine enge Verknüpfung mit dem Umfeld – das sind für mich die großen Linien der Entwicklung.

 

  1. Was muss sich aus Ihrer Sicht noch in den Bewohnerzimmern von Pflegeheimen ändern?

Ein Bewohnerzimmer ist nicht nur Wohn- und Schlafzimmer in Einem, hier kann sich die eigene Persönlichkeit abbilden. Hinter der Tür zum Bewohnerzimmer ist das frühere Leben in der eigenen Wohnung noch präsent: Mit dem alten Lesesessel, der mitgebrachten Stehlampe oder auch nur durch etwas Nippes auf einem kleinen Regal. Um diesen „Wohnungsersatz“ individuell gestalten zu können, sollte das Zimmer möglichst frei möblierbar sein. Wenn es nur eine mögliche Anordnung für das Bett gibt und dadurch jedes Zimmer gleich aussieht, fehlt eine wichtige Möglichkeit zur Individualisierung.

 

  1. Wie gehen Sie bei der Planung von Pflegeheimen allgemein vor, woher holen Sie sich Inspiration?

In erster Linie im Wohnungsbau, denn darum geht es bei Pflegeheimen – dem Wohnen so nahe als möglich zu kommen. Insbesondere für die Gestaltung der Küchen und der Aufenthaltsbereiche kann man sich in aktuellen genossenschaftlichen Projekten immer wieder Anregungen holen. Eine zweite Inspirationsquelle sind Projekte aus unseren Nachbarländern. Gerade in Richtung der Schweiz lohnt sich der Blick über den Tellerrand. Hier werden Pflegeheime auf hohem baulichem Niveau realisiert – natürlich unter den Bedingungen des eidgenössischen Finanzierungssystems. Aber man kann immer nur vom Besseren lernen.

 

Eckhard Feddersen

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Seit der Gründung seines ersten Architekturbüros 1973 baut Eckhard Feddersen im sozialen Bereich. Er lehrte an der TU Berlin und war Planungsdirektor für die Bauausstellung Berlin 1999. 2002 gründete er das Büro feddersenarchitekten und fokussierte sich weiter auf das Thema Sozialimmobilien. 2003 initiierte er den „Kompetenzkreis Gesundheit Pflege und Behinderung in Berlin“ mit Akteuren aus Politik, Gesundheitsversorgung und Wohlfahrtspflege. Eckhard Feddersen war seit

2009 Mitglied im universal design e.V. und ist Gründungsmitglied des interdisziplinären Experten-Netzwerks für Sozialimmobilien „Netzwerk S“.

2014 gab er gemeinsam mit Insa Lüdtke die Publikation „raumverloren – Architektur und Demenz“ heraus. Nach der Übergabe des Büros Feddersen Architekten an Stefan Drees und Jörg Fischer ist er weiterhin als Referent und Publizist tätig.

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