Smarte Videositzungen, intelligente Betten und pflegende Roboter gestalten in Zukunft den Pflegealltag.
„Die Grenzen der Telemedizin sind ethisch nicht technisch“, sagt Professor Eggert Beleites. Computerhunde für Demenzkranke und Roboter Assistenz bei Operationen, die Visionen sind groß, die Realität oft ernüchternd. Gerade mal ein Prozent der Deutschen hat laut aktuellem Digital-Index der Bundesregierung Erfahrung mit Telemedizin. Die Umfrage zeigt das 48 Prozent der jungen Menschen, besonders Büroangestellte, sich grundsätzlich den Einsatz von digitalen Medizin-Produkten vorstellen können. So können sich mehr als 40 Prozent mit einem Implantat anfreunden, welches Körperwerte überwacht und bei Bedarf den Arzt alarmiert. Und weil schon heute jeder fünfte 65-Jährige Whatsapp nutzt, klingt das Implantat-Szenario nach naher Zukunft.
Hinzu kommt: Der Druck nimmt zu. Fehlende Fachkräfte, Ärztemangel auf dem Land, immer mehr immobile Patienten und mit Hausarzt-Klienten überfüllte Notaufnahmen könnten Innovationen wie der Telemedizin den nötigen Schub verpassen. „Es gibt immer weniger Ärzte und immer mehr Patienten“, erklärt Dr. Thomas Aßmann. Der Landarzt aus dem bergischen Land ist seit 2015 begeisterter Teledoktor. Speziell ausgebildete Praxisassistentinnen Besuchen seine Patienten zu Hause, ausgestattet mit einem Rucksack voller Telemedizin-Technik.
Tele-Doc auf Hausbesuch
Patienten wie Ingrid, die auf Hausbesuche vom Arzt angewiesen ist, profitieren von Aßmanns Pioniergeist. Die 91-Jährige lebt allein und kann keine Treppen mehr steigen. Regelmäßig müssen ihre Blutzuckerwerte kontrolliert und ein EKG gemacht werden. Für letzteres musste sie der Krankentransport bisher zum Hausarzt fahren, heute kommt der Tele-Doc auf digitalem Weg zu ihr. Die Arzthelferinnen können via Mobilfunk EKG-Daten Vorort abnehmen und in Echtzeit an den Arzt übertragen. Bei Bedarf schaltet sich dieser per Video-Telefonie dazu und gibt ärztliche Anweisung.
Erik Boos teilt die Begeisterung für die Telemedizin, die etwa dem Landarztmangel entgegenwirken könnte. Der Geschäftsführer von Snapview ist in Sachen Videokommunikation ein alter Hase. Seine Firma sammelt seit 15 Jahren Erfahrungen mit Online-Sitzungen. Nun bietet er seine zertifizierte Software, die im Banken- und Versicherungsmarkt etabliert ist, auch Ärzten, Krankenhäusern und Verlagen an. „Wir rechnen in der Medizin mit ähnlichen Verläufen wie in der Finanzwelt“, sagt Boos. Dort haben Banken teils bis zu 100 Prozent auf Online-Beratungen umgestellt. Zum einen, weil Kunden das wollen. Zum anderen seien kameragestützte Gespräche effektiver, schneller und letztlich lukrativer für die Kreditunternehmen. Doch von so einer Quote ist die Medizin derzeit noch weit entfernt.