Tipps-gegen-Sommerhitze

Wenn der Sommer die 30-Grad-Marke knackt und die Nächte tropisch sind, wird es vor allem für ältere Menschen unerträglich heiß. Seit fast zehn Jahren forscht Dr. Julia Schoierer in München am LMU-Klinikum zur Hitzeresistenz in der Pflege. Die Medizinpädagogin hat kühle Tipps, die bei Sommerhitze helfen.

Eine Beach-Party veranstalten, ein Kneippbecken anlegen und Kühlwesten anschaffen, wenn Dr. Julia Schoierer über Maßnahmen spricht, die Seniorenheime umsetzen können, damit heiße Tage nicht durch einen Kreislaufkollaps tödlich enden, wird es bunt. Die Medizinpädagogin spricht von einem Strauß an Möglichkeiten.

Gazpacho und Kühlwesten gegen Sommerhitze

Ihr Ansatz: Der Schutz gegen die Sommerhitze muss auf die Eins. Es geht nicht nur um das Wohlbefinden der Bewohner, vielmehr empfiehlt sie sozialen Einrichtungen, einen mehrstufigen Hitzeplan zu erstellen und dabei alle mit ins Boot zu holen. So wissen zum Beispiel Reinigungskräfte, die jedes Zimmer betreten, wo sich Hitze schnell staut und können Hinweise geben.

Ehrenamtliche Besuchsdienste können das Pflegepersonal entlasten, während die Kolleginnen und Kollegen, die am Bett arbeiten, darauf achten können, dass sie sommerliche Arbeitskleidung tragen – oder ihren Arbeitgeber bitten, ihnen z.B. Kühlwesten gegen die Sommerhitze zur Verfügung zu stellen. Die Küche kann einen sommerlichen Speiseplan erstellen, der dem Körper zusätzliche Flüssigkeit zuführt. Dazu gehört neben Obst auch eine Gazpacho, die kalte spanische Gemüsesuppe, und zum Nachtisch Wassereis statt Kuchen. Sinnvoll ist es zudem, die Sonnenterrasse auf der Südseite des Hauses an heißen Tagen auf die kühlere Nordseite zu verlegen.

Sommerlicher Dienstplan

Julia-Schoierer
Dr. Julia Schoierer

Aber auch der Dienstplan kann im Hinblick auf die Sommerhitze entsprechend gestaltet werden. „Wir müssen uns mehr an den Lebenswelten der Menschen orientieren“, sagt Schoierer. Wenn Fachkräfte in städtischen Gebieten wohnen, die sich nachts nicht mehr abkühlen, können sie kaum fünf Nachtdienste hintereinander machen. Denn tagsüber finden sie in der aufgeheizten Wohnung keinen Schlaf. Auch wenn Mitarbeiter mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen, wäre ein E-Bike-Leasing, eine Alternative – vielleicht wirkt ein Arbeitsweg per Rad abkühlend.
Im Gespräch nennt Schoierer noch einen weiteren Ansatz gegen die Sommerhitze, der auf die vertrauten Gewohnheiten von Bewohnerinnen und Bewohnern der stationären Pflege abzielt: „Pfiffig finde ich die Idee, an heißen Tagen ein Beach-Party zu veranstalten“, so die Hitzeschutz-Expertin. Oder alternativ einen Sommerurlaubstag. Neben Dekoration wie Sonnenschirme, Sand und Planschbecken (für kühle Füße) können verzierte Cocktailgläser zum Trinken animieren.

Beach Party in kurzen Hosen

Bewohner, denen es schwerfällt, luftige Kleidung anzuziehen, können mit dem Sonne-Sommer-Gute-Laune-Ansatz überzeugt werden, ihr Outfit zu überdenken. Schoierer berichtet von Demenzkranken, die sich an eigene Urlaubseindrücke erinnern. Hier biete sich die Frage an, welche (kurzen) Hosen der Bewohner damals getragen haben. Über Erinnerungsarbeit für Entlastung zu sorgen, hält Schoierer für sinnvoll.

Zu einem ganzheitlichen Konzept gegen die Sommerhitze gehören für die Expertin auch bauliche Aspekte. So sei es sinnvoll, mit Fassadenbegrünung und Jalousien für Schatten von außen zu sorgen. Auch die Entsiegelung von Innenhöfen und Terrassen helfe, Hitzestaus aufzulösen. Helfen können ferner Pergolen aus Holz, die im Garten oder auf der Veranda aufgestellt werden und mit schnell wachsenden Ranken für natürliche Kühlung bei Sommerhitze sorgen – und damit besser wirken als jeder Sonnenschirm. Nach dem Motto „Viel Grün hilft viel“ sollten soziale Einrichtungen ihre Gärten in Wildwiesen verwandeln, statt akkuraten Kurzrasen zu pflegen. Auch Wasserspiele im Innen- und Außenbereich sorgen für Abkühlung.

Kneippbecken Rollator-tauglich

„Ein Haus hat im Eingangsbereich des Seniorenheims eine Art Kneippbecken angelegt, das sogar mit dem Rollator befahren werden kann“, berichtet Schoierer, die auch die Idee einer Wasserpolizei im Haus gut findet. Diese verteilt statt Strafzetteln Becher mit Saftschorle und animiert zum Trinken.

Alles in allem gute Ideen, um der Sommerhitze zu trotzen. Umsetzbar sind sie vor allem dann, wenn es im Altenheim eine zentrale Stelle dafür gibt. Denn Kommunikation ist – wie fast immer – der Schlüssel zum Erfolg. Kaskadenartig sollte sie durch das Haus tropfen, um möglichst alle Bereiche und Menschen für den Hitzeschutz zu sensibilisieren, so Schoierer.

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