Dass Lachen das Leben leichter macht, ist jedem bekannt. Und dass die Deutschen zum Lachen in den Keller gehen, leider auch. Dabei gilt es als erforscht, dass der Körper durch Lachen Stresshormone abbaut, ähnlich wie beim Sport. Im Gegensatz zum Sporttreiben hat das Lachen als Burn-out-Prophylaxe jedoch keine starke Lobby und wird selten damit in Verbindung gebracht. Es klingt ja auch zu lächerlich!
Beim Lachen den Verstand ausschalten
Das sieht Cornelia Leisch ganz anders. Die 64-jährige Münchnerin hat ein Buch geschrieben: Lachyoga mit Senioren. Darin und in ihren Workshops räumt sie mit Vorurteilen auf. Etwa, dass künstliches Lachen automatisch zum herzhaften Lachen führt. Vielmehr gehe es darum, den Verstand auszuschalten. Wer fühlt, statt zu denken, komme leichter in die Freude, so ihre These und Lebenserfahrung.
Denn beim Lachen wird automatisch das vegetative Nervensystem angesteuert. „Wir kommen vom Kopf auf die Körperebene“, sagt Leisch, die sich seit 20 Jahren mit Lachtraining beschäftigt. Lachen wirkt ähnlich wie Tanzen oder Singen auf das vegetative Nervensystem. Es wirkt dem Sympathikus entgegen, der uns auf Leistungen vorbereitet, indem er Herzfrequenz und Blutdruck erhöht. Der Parasympathikus wiederum aktiviert Erholung, Regeneration und Entspannung.
Kindlich-neugierige Haltung
Doch Lachen kann man nicht befehlen, es muss vielmehr herausgekitzelt werden. In ihren Lach-Gruppen fordert Leisch die Teilnehmer auf, eine kindlich-neugierige Haltung einzunehmen. Damit baut sie eine Brücke, um die Angst oder Scham vor öffentlichem Lachen zu überwinden. Wer ihr zuhört, merkt schnell: Hier geht es nicht um Witze oder Humor. Lachtraining ist eine ernste Sache.
Um sich darauf einzulassen, beginnt Leisch ihre Lach-Sessions mit einer Anleitung zum Zitronenessen. „Ich appelliere an die Vorstellungskraft der Leute“, sagt sie. Wer ihren Worten folgt, stellt sich eine imaginäre Zitrone auf der Hand vor, inhaliert ihren Duft, schneidet sie in seiner Vorstellung mit einem Messer zurecht und beißt herzhaft hinein. Dabei läuft einem das Wasser im Munde zusammen und man verzieht das Gesicht in Erwartung von Säure auf der Zunge.
Niederschwelliger Einstieg
Durch diesen niederschwelligen Einstieg gelingt es der Expertin, die seit 20 Jahren eine Sonntagslachgruppe im Münchner Westpark leitet, Hemmungen abzubauen. Dann geht es ans richtige Lachen. Auch hier hilft den Teilnehmenden ihre eigene Vorstellungskraft: Sie imitieren, wie sie ein Motorrad starten – natürlich mit entsprechendem Sound, Fuß-Kick und passender Handbewegung. Schon nach wenigen Sekunden lachen die Ersten. Und weil das ansteckend ist, gackert bald die ganze Gruppe. Einen Eindruck davon vermittelt das YouTube-Video „Oma lacht wieder“.
Es hilft, über die eigenen Schwächen lachen zu können. Um das zu erreichen, integriert die Lachexpertin auch verschiedene Finger- und Klatschübungen in ihre Workshops. Diese spielerischen Koordinationseinheiten sind für manche herausfordernd. Doch mit Lachen löst sich die Anspannung und der Stress wieder auf.
Erfahrungen mit Alzheimer
Spannend sind ihre Erfahrungen mit der Alzheimer Gesellschaft. In Gruppenseminaren mit Demenzerkrankten im Anfangsstadium und deren Angehörigen zeigte sich, dass viele bei den gleichen Übungen an ihre Grenzen kommen. Unabhängig davon, ob sie kognitiv erkrankt oder gesund sind. Und schließlich lachen alle, nehmen ihre Unzulänglichkeiten nicht mehr so wichtig.
Lachen verbindet
Ein wichtiges Element der Lachstunden ist der Blickkontakt. „Der ist seit Corona im Alltag kaum noch üblich“, hat Leisch beobachtet. Umso intensiver nehmen die Teilnehmenden das Blicken in die (lächelnden) Augen ihres Gegenübers wahr. „Die Menschen kommen dadurch miteinander in Kontakt, es entsteht eine Verbindung“, so die Trainerin, die selbst an Depressionen litt und diese mithilfe des Lachclubs überwinden konnte. Sie ermutigt die Teilnehmenden deshalb, den eigenen Fokus zu verrücken. Anstatt zu jammern, weil einem der Bus vor der Nase wegfährt, sollten Menschen mehr auf die schönen Momente achten. Diese gebe es etwa beim Spazierengehen oder in Begegnungen mit Mitmenschen.