Ein Plädoyer für Wagniszuschläge in Pflegesatzverhandlungen

Was ist ein Wagniszuschlag?

Ein Wagniszuschlag ist ähnlich einem Risikozuschlag zu verstehen und hat mit einem Gewinnzuschlag in erste Linie nichts zu tun! Ein Wagniszuschlag dient dazu, verschiedene Aufwendungen und Ausgaben, die nicht in jeder Periode auftreten, abzufangen.

Jede unternehmerische Tätigkeit beinhaltet verschiedene Wagnisse. Diese können und werden z.T. über Versicherungen „gemildert“. Z.B. werden dem Unternehmer alle Kosten erstattet, die im Rahmen einer Schwangerschaft und Beschäftigungsverbot für eine Arbeitnehmerin entstehen. Nicht vergütet und ver­sicherbar sind Aufwendungen, die für die Neubesetzung der Stelle oder die durch eine übergangsweise eingesetzte Leasingkraft entstehen.

Welche Wagnisse gibt es?

Allgemeine wirtschaftliche und konjunkturelle Wagnisse:

  • Nachfrageschwankungen im Markt (zum Beispiel Verschiebung von ambulant nach stationär)
  • Personalknappheit
  • Veränderungen im Marktumfeld

(neue Mitbewerber)

  • Gesetzesänderungen

Spezielle unternehmerische Wagnisse:

  • Hoher Krankenstand
  • Hohe Fluktuation
  • Feuer, Unfall, Wasser
  • Forderungsverluste, Diebstahl
  • Nachzahlungen aus Steuer- und Sozialversicherungsprüfungen

In welcher Höhe sollten Wagniszuschläge angesetzt werden?

Die Höhe der Wagniszuschläge ist pauschal schwierig zu beantworten und hängt mit der Größe der Einrichtung zusammen. So können größere Einrichtungen mit 100 Mitarbeitern die Schwangerschaft von zwei bis drei Arbeitnehmerinnen sicher besser verkraften als kleinere Unternehmen mit unter 20 Mitar­beitern. Während die großen Einrichtungen dieses mit Mehrarbeit und späterer Neueinstellung relativ kostenneutral wegstecken, wird bei kleineren Einrichtungen die Hinzunahme von (teureren) Leihkräften häufig nicht vermeidbar sein.

Alle Wagnisse, die über Versicherungen abgedeckt werden können, aber nicht abgedeckt werden, kön­nen mit dem Betrag einer (virtuellen) Versicherungsprämie angesetzt werden. Wenn Wagnisse über Versi­cherungen abgedeckt werden, sind diese in der Pflegesatzkalkulation als tatsächliche Kosten ansetzbar.

Da Wagnisse immer nur temporär auftreten, sollte die Buchhaltung entsprechend aufbereitet werden und alle „Wagnisausgaben“ auf separaten Kostenstellen erfasst werden. Dann ist es möglich, über einen längeren Zeitraum (z.B. fünf Jahre) diese Kosten zu beziffern und zu berücksichtigen. Auch hier sind große Einrichtungen gegenüber kleineren im Vorteil. Das bedeutet auf der anderen Seite, dass bei kleineren Einrichtungen der Wagniszuschlag höher ausfallen sollte als bei großen. Insgesamt halte ich persönlich Wagniszuschläge von 2-8 Prozent für durchaus legitim und notwendig.

Werden Wagniszuschläge von Kostenträgern anerkannt?

Natürlich sind die Kostenträger nicht bereit, einen pauschalen Wagniszuschlag ohne nähere Begründung zu refinanzieren. Je genauer und präziser der Wagniszuschlag aber begründet und argumentiert wird, umso schwieriger ist es für die Kostenträger diesen vollständig abzulehnen.

Insbesondere, wenn im Verlauf der Pflegesatzverhandlungen von Seiten der Kostenträger im Bereich der Sachkosten die eine oder andere Position als zu hoch erachtet wird, könnte diese in den Wagniszuschlag einfließen.

Beispiel: Die Anzeigekosten für Personalgewinnung sind aufgrund einer Neueröffnung eines Mitbewer­bers in räumlicher Nähe überproportional gestiegen. Diese Kosten hat die Einrichtung vollständig in die Pflegesatzverhandlung eingebracht. Die Kostenträger akzeptieren jedoch nur einen durchschnittlichen Wert. In diesem Fall könnte die Einrichtung den nicht anerkannten Teil auf zwei bis fünf Jahre verteilt als Wagniszuschlag aufnehmen.

 

Autorin:

Monika Bohmann-Laing, Steuerberaterin, Dipl.-Betriebswirtin und
Fachberaterin im Gesundheitswesen (DStV)
Bohmann-Laing, Steuern und Controlling
Hauptstraße 42
49681 Garrel
Tel.: 04474/93954-0
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